2 Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung!
3 Betet zugleich auch für uns, dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir das Geheimnis Christi sagen können, um dessentwillen ich auch in Fesseln bin,
4 damit ich es offenbar mache, wie ich es sagen muss.
5 Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind,
und kauft die Zeit aus.
6 Eure Rede sei allezeit freundlich
und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt.
In unserem Text ist die Rede vom Gebet und von einer Tür. Da werden wir noch mal an den Predigttext vom letzten Sonntag erinnert, vom Lobpreis hinter verschlossenen Türen im Gefängnis der Stadt Philippi. Auch daran, wie während Paulus und Silas um Mitternacht im Gebet wachten und Gott lobten ein Erdbeben die Fesseln und die Türen öffnete.
Heute, am Sonntag „Rogate“ (betet) geht es um diese Schlüsselfunktion des Gebets: Das Gebet öffnet Türen!
Gandhi: Das Gebet ist der Schlüssel für den Morgen und der Türriegel für den Abend
eröffnet Möglichkeiten und bietet Schutz zugleich
2 Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung!
3 Betet zugleich auch für uns, dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir das Geheimnis Christi sagen können, um dessentwillen ich auch in Fesseln bin,
4 damit ich es offenbar mache, wie ich es sagen muss.
Hier haben wir es mit dem Gebet zu tun, das eine dreifache Tür in drei Dimensionen öffnet:
1) Das Gebet öffnet die Tür nach oben
– es öffnet die Tür zu Gott
Wir ahnen gar nicht, wie wichtig das Gebet ist!
Es gehört zu dem Wesentlichsten des Lebens!
Warum bist Du auf der Welt?
Weil Gott Dich erschaffen hat
Warum hat er dich – den Menschen überhaupt erschaffen?
Um die Beziehung mit ihm – d.h. auch mit dir – zu haben und zu Genießen
Martin Buber: Ich und Du!
Grundlage jeder Beziehung ist die Kommunikation
Ich kann niemand kennen, wenn ich nicht mit ihm rede oder zumindesrt geredet habe…
Beim Gebet geht es nicht um Informationsaustausch
Gott braucht unsere Bitten nicht – er weiß schon lange vorher, was wir wünschen oder brauchen (Ps 139) – Er will die Beziehung zu dir!
Beharrlich im Gebet zu bleiben heißt, dass mir die Kommunikation mit Gott wichtig ist
„Wachen“ im Gebet – Frisch verliebte können auch die Nachtstunden im Gespräch verbringen… Eheberater: Zeit für einander nehmen – Zeit füreinander einplanen – Das gilt auch die Zeit mit Gott!
Vielleicht geht es Euch wie mir – bei Nacht beten tue ich nur wenn ich sowieso nicht schlafen kann…
Es geht nicht um Leistung! (Vgl. Gebet im Islam!)
„Betet ohne Unterlass!“ (Der Milchmann „Tewje“ in „Anatevka“, Vorlage für „Monsieur Claude und seine Töchter“)
2) Das Gebet öffnet die Tür nach innen
– es öffnet die Tür zum Herzen fürs Wort
Das Wort weckt den Glauben
Der Glaube ist ein Geheimnis
Das Gebet bewegt Gott durch seinen Geist Menschenherzen anzurühren
Die gute Nachricht ist zwar verständlich, aber überzeugen tut sie nur, wo der Glaube die Herzenstüre öffnet
Glaube – wenn einer zum Glauben kommt, kann er auf einmal zusammenhänge verstehen → Nikodemus/Wiedergeburt ist unlogisch
So erleben wir das etwa im Konfirmanden- oder Religionsunterricht (Tauben „hinauskonfirmiert“)
Der Glaube bleibt ein Geheimnis. Auch bei der genialen Zusammenfassung des Abiturstoffs in evangelischer Religion von dem geschätzten Professor am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Tübingen „Peter Kliemann, Glauben ist menschlich. Argumente für die Torheit vom gekreuzigten Gott.“ In 17. Auflage(!!) bleibt der Glaube ein Geheimnis, der mir offenbart werden muss. Das kann nur Gott tun durch seinen heiligen Geist.
Argumente FÜR die Torheit vom gekreuzigten Gott…
Wir wollen – ja müssen diesen Glauben weitergeben. Gott will uns dabei gebrauchen die Ofterdinger zu erreichen mit seiner frohen und frohmachenden Botschaft – darrum das dritte und letzte:
5 Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind,
und kauft die Zeit aus.
6 Eure Rede sei allezeit freundlich
und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst,
wie ihr einem jeden antworten sollt
3) Das Gebet öffnet die Tür nach Außen
es öffnet die Tür für die Verkündigung/die Botschaft
Gott schenkt die Gelegenheiten, um die wir Bitten!
Gott kann auch das „Salz“ in der Suppe, die Würze in unserem Reden schenken
Gott schenke uns die Freundlichkeit den Menschen Gegenüber, die von ihm (und oder uns) nichts wissen wollen, damit sie dadurch seine Liebe erfahren können!
Den Juden ein Jude… (Bonhoeffer hat es sich was kosten lassen – im Gefängnis wurde er zum Seelsorger für seine Peiniger)
Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus
Wie schaffen wir das, dem Anderen die AUGEN ZU ÖFFNEN ABER NICHT VOR DEN KOPF ZU STOßEN?
Antworte werden auf Fragen Die Menschen werden von sich aus nur fragen, wenn sie bei uns etwas sehen, was sie vielleicht nicht verstehen!
Es braucht die Begegnung! Nicht nur im Gebet mit Gott, sondern auch im Gespräch mit den Menschen!
Beten wir doch, dass Gott uns die Tür nach außen zu den Menschen von Ofterdingen, den Menschen am Arbeitsplatz, den Menschen in Bekanntschaft und Verwandschaft!
Wir sind vielleicht nicht direkt verantwortlich für die Menschen in Stuttgart oder Berlin – aber wer, wenn nicht wir, ist verantwortlich dafür, dass die Menschen von Ofterdingen den lebendigen Christus kennen lernen?
Wir sollen uns nicht dabei „Druck“ machen, sondern es zu unserem Gebetsanliegen machen und es vor Gott bringen, der Mittel und Wege hat!
Betet für alle, die das Wort sagen – in den Gruppen und Kreisen, in der Schule, von der Kanzel – Paulus sagt: Betet für uns, dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir das Geheimnis Christi sagen können
Das Gebet öffnet auch diese Tür nach außen zu den Menschen draussen vor der Tür!
23 Da sprach er zu ihnen allen: Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach. 24 Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten.
25 Denn welchen Nutzen hätte der Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst?
26 Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich der Menschensohn auch schämen, wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit und der des Vaters und der heiligen Engel.
Manfred Seitz: Erster Schritt ist, die Betroffenheit festzuhalten!
Meine persönliche Betroffenheit: Bin ich Mitläufer oder Nachfolger?
Das ist die Frage, die Jesus mit diesem Text an uns zunächst stellt.
1.) laufe ich mit, oder folge ich nach?
Das Wort “Mitläufer” hat bei uns einen schlechten Klang. Mitläufer haben einen schlechten Ruf. Mitläufer haben kein Rückgrat, wissen nicht was sie wollen, können sich nicht entscheiden… Ich möchte das hinterfragen. Immerhin ist es so, dass nicht jeder mitgelaufen ist, damals als Jesus in die Nachfolge einlud!
Mit zu laufen ist nicht jeder bereit… Auch das Mitlaufen verlangt eine bewusste Entscheidung. Interessiert mich das? Lass ich mich darauf ein? Bin ich bereit, zu zu hören? Mitten drin statt nur dabei? Geht es darum? Wir haben uns damit abgefunden, dass wir weithin eine Mitläuferkirche geworden sind. Oh ja, wir sind dabei, wir wollen auf Jesus hören – wollen auch die Gemeinschaft mit ihm und miteinander nicht missen, aber Jesus ist das zu wenig…
Lk 14 25 Es ging aber eine große Menge mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen:
26 Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein. 27 Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.
Viele Menschen sind Jesus nachgelaufen. Die Speisung der Fünftausend. Die Speisung der Viertausend…
Viele Menschen sind auch mitgelaufen. Darunter waren Leute wie der reiche Jüngling, der sogar nachfolgen wollte, aber den Preis der Nachfolge nicht bezahlen wollte…
Jugendfreund, der sich wieder von Jesus lossagte…
In unserem Abschnitt aus Lk 9 wird es deutlich: Jesus will Nachfolger, nicht Mitläufer!
Wer Jesus nachfolgen will, muss es mit dem Kreuz aufnehmen – er muss sein Kreuz täglich auf sich nehmen!
Was heißt das? (Kreuzigungsvorgang – patibulum auf den Axeln tragen – ein Strich durch das Leben – Ausschluss aus der Gesellschaft)
Wer Jesus nachfolgen will, muss ganz und gar ihm gehören. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Welt auf mich keinen Anspruch mehr hat – und ich nicht auf die Welt. Wir sind in der Welt, aber nicht von der Welt. Wir ecken an. Der Anspruch Jesu eckt an!
Jesus hat nicht dazu aufgefordert, einer Kirche bei zu treten. Er rief in die Nachfolge!
Alfred Loisy sagte: Jesus kündigte das Reich Gottes an und es ist die Kirche, die gekommen ist. („Jésus annonçait le Royaume et c’est l’Église qui est venue“: Loisy 1902)
Zu welchem Reich gehöre ich?
Bin ich Mitläufer in der Gemeinde oder Nachfolger Jesu Christi?
An Jesus scheiden sich die Geister.
Du kannst nur für Jesus oder gegen ihn sein – In unzähligen Entscheidungen jeden Tag entscheiden wir uns für oder gegen Jesus – wie wir auf eine schnippische Bemerkung reagieren, was wir denken und sagen, wie wir mit Gottes guten Gaben haushalten…
2.) Der Preis der Nachfolge
Diese Thema ist zentral. Das Lukasevangelium kommt immer wieder darauf zurück (aber auch die anderen Evangelien!). Der große Kontext:
{Lk 12,16- 21 (20f) Der reiche Kornbauer
16 Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. 17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. 18 Und sprach: Das will ich tun: ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen, und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte 19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und habe guten Mut!
20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? 21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott. }
Die Trennung zwischen Jünger Jesu und Welt greift bis in die Kernfamilie hinein:
Lk 12,51-53 Meint ihr, daß ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht. 52 Denn von nun an werden fünf in einem Hause uneins sein, drei gegen zwei und zwei gegen drei. 53 Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
Wer sich für Jesus entscheidet, entscheidet sich gegen die Welt. Wer das Leben im Sinne der Welt sucht (Ruhm, Reichtum, Macht, Sicherheit), wird das ewige Leben nicht darin finden können! Der Gedanke aus unserem Text (Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten.
25 Denn welchen Nutzen hätte der Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst?) wird Lk 17,33 wiederholt Wer sein Leben zu erhalten sucht, der wird es verlieren; und wer es verlieren wird, der wird es gewinnen.
hassen und lieben
prioritäten setzen
sich für einen oder den anderen entscheiden.
sein Kreuz tragen
die Kosten überschlagen
loslassen und lossagen
frei sein für Jesus
(Feuer/Entführung) wir definieren uns von dem her, was wir haben – bzw. Meinen zu haben…
Ich will Ihnen erzählen vom erfolgreichen Rechtsanwalt, der die Aufforderung Jesu an den reichen Jüngling zu Herzen nahm. Das Zeugnis, das er gab, hat mich tief beeindruckt. Ich war damals 15 Jahre alt, es war die erste Freizeit, auf die ich alleine gegangen war, ohne irgendwelche Freunde oder Familie. Die Freizeit war auf einer Insel vor Vancouver Island. Ich weiß nicht mehr wie ich hingekommen oder wie ich nach hause gekommen bin. Ich weiß auch sonst nicht was wir dort gemacht haben – außer meinem ersten Kuss ;-), aber diese eine Veranstaltung habe ich habe ich immer noch vor mir: Wir sind an die 300 Jugendliche in einem großen, rustikalen Saal und warten auf den Redner. Seine Termine seien so eng, dass er mit einem Wasserträgerflugzeug reingeflogen wird. Wir singen, es gibt Anspiele – und dann hören wir das Dröhnen des Flugzeugmotors, das immer lauter wird. Durch die großen Fensterscheiben sehen wir, wie das Flugzeug an der Bootsanlegestelle andockt und unser Redner aussteigt. Er wird direkt auf die Bühne geführt – er hat nur eine Stunde Zeit, aber er will uns unbedingt erzählen, was sein Leben verändert hat.
Er ist eine eher unscheinbare Gestalt im kurzärmligen Hemd und schwarzer Buntfalthose. Aber unsere Aufmerksamkeit hat er sofort. Er erzählt aus seinem Leben, wie er als Junger Rechtsanwalt seine Bibel gelesen hatte – die Geschichte vom reichen Jüngling. Da wurde ihm sofort klar: “Du bist gemeint! Du sollst all deine Habe verkaufen und es den Armen geben. Dein Leben soll mir gehören!” So klang die Stimme Gottes in seinem Herzen. Er erzählte das seiner Frau. Erstaunlicherweise ließ sie sich darauf ein – obwohl sie ein Baby hatten. So beschlossen sie, das Haus mit allem was drin war – auch in der Garage – zu verkaufen und es den Armen zu geben. Sie behielten lediglich den Kinderwagen und Wäschewechsel für das Kind – und beim Verlassen des Hauses sah die Frau noch ihr Erbstück, eine Vase von der Uroma, im Regal stehen. Sie steckte die Vase in den Kinderwagen und sie gingen in ein Motel.
Aber alles kam anders als erwartet. Statt in einen geistlichen Dienst geführt zu werden, konnte der Mann sich vor Mandanten nicht mehr retten. Rechtsstreitigkeiten mit hohem Streitwert machten ihn binnen kürzester Zeit noch viel reicher als er es zuvor gewesen war (man denke an Hiob). Die beiden begriffen, dass Gott sie in dem Beruf gebrauchen wollte – aber als solche, die nicht von ihrem Besitz abhängig waren.
Es waren die flower-power Jahre der frühern Sechziger. Junge Menschen suchten nach alternativen Lebensstilen. Die Hippies fielen überall auf. Das Ehepaar kaufte ein großes Haus,
aber alles als Gottes Gabe und Gottes Eigentum betrachtete und den Hippies die Türen offen hielt. Es waren immer welche da, die auf den Sofas oder dem mit dickem Nichts wurde in all den Jahren gestohlen außer der Vase!
3.) Der Lohn der Nachfolge
Nur durch Nachfolge komme ich ins Ziel
wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten
Lk 18,28-30 Der Lohn der Nachfolge
28 Da sprach Petrus: Siehe, wir haben, was wir hatten, verlassen und sind dir nachgefolgt. 29 Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlässt um des Reiches Gottes willen, 30 der es nicht vielfach wieder empfange in dieser Zeit und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.
{Matt 6,33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.}
Wer nicht bereit ist, Jesus Christus über Vater, Mutter, Frau oder Mann und Kinder zu stellen, wird nicht erfahren, was es heißt, vom Himmlischen Vater getragen zu werden und hundertfache Geschwister im Glauben zu bekommen.
„Wer die Sicherheit des Flugzeugs nicht hinter sich lässt, kann nicht erfahren, dass ein Fallschirm trägt…“
noch mal:
Lk 9,23-26 Da sprach er zu ihnen allen: Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach. 24 Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten.
25 Denn welchen Nutzen hätte der Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst?
26 Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich der Menschensohn auch schämen, wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit und der des Vaters und der heiligen Engel.
In Jesu Fussstapfen gehen – wwjd
Uns Jesu Christi nicht schämen – Paulus!
pers. Zeugnis
Prioritäten setzen.
Das Kreuz (täglich) auf sich nehmen!
SL Lk 14 25-33
25 Es ging aber eine große Menge mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen:
26 Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein. 27 Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.
28 Denn wer ist unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob er genug habe, um es auszuführen, 29 damit nicht, wenn er den Grund gelegt hat und kann’s nicht ausführen, alle, die es sehen, anfangen, über ihn zu spotten,
30 und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und kann’s nicht ausführen?
31 Oder welcher König will sich auf einen Krieg einlassen gegen einen andern König und setzt sich nicht zuvor hin und hält Rat, ob er mit Zehntausend dem begegnen kann, der über ihn kommt mit Zwanzigtausend? 32 Wenn nicht, so schickt er eine Gesandtschaft, solange jener noch fern ist, und bittet um Frieden.
33 So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein.
Reformation folgt auf Erneuerung, die durch Umkehr kommt!
Dass Reformation in den verfassten Kirchen unserer Tage notwendig wäre, setze ich als gegeben voraus. Ohne grundlegende Reformation werden wir den Sog nach unten in den Kirchen nicht stoppen können. Die Frage ist, ob Reformation überhaupt noch möglich ist, und wenn ja, wie? Deshalb das Fragezeichen. Die Gründer des Albrecht-Bengel-Hauses haben geglaubt und vertraut, dass durch Treue zur biblischen Botschaft in der Ausbildung der Theologen eine Veränderung zum Positiven in der Kirche möglich ist. Auch heute ist das unser Programm. Wir wollen im Gehorsam gegen Gottes Wort Gemeinde für die Zukunft bauen. Die Schlüsselrolle der Pfarrer und der Religionslehrer für die Entwicklungen in den Kirchen ist unumstritten. Da sind wir dran und da wollen wir weitermachen.
Viele unserer Ehemaligen haben auch Großartiges geleistet und sind unzähligen Menschen zum Segen geworden. Das ABH hat durch die ganzheitliche Begleitung der Studierenden schon einen Unterschied in der kirchlichen Landschaft und im Gemeindeleben weit über die Grenzen der württembergischen Landeskirche hinaus bewirkt. Wir haben immer noch Hoffnung für das landeskirchliche Leben in den Gemeinden. Allerdings haben wir dabei mit einer stetigen Zunahme an Bürokratie und Bestrebung zur Zentralisierung der Macht zu kämpfen. Die Gemeinden werden immer mehr entmündigt. Programme werden von oben verordnet.
Es ist schon gut zehn Jahre her, dass die EKD ihr Programm mit den zwölf „Leuchtfeuern“ unter dem Titel „Kirche der Freiheit“ auflegte. Was zunächst als ernstes und ernstzunehmendes Anliegen begann, versandete in typischer Weise für Großkirchen im Bemühen alles allen zu sein, und vor allem in der Unfähigkeit und dem Widerwillen, sich wirklich zu verändern – zum Beispiel in der Auflockerung des Parochialprinzips (Leuchtfeuer 2). Dies gilt auch für die groß aufgelegten Programme „Notwendiger Wandel“, „Wirtschaftlich handeln“ und den „Pfarrplan“ in der württembergischen Landeskirche. Nach Meinung der im Folgenden erwähnten Experten werden sich die etablierten Kirchen als Institutionen nicht reformieren lassen. Es fehlen der Wille und die Möglichkeiten in den vorherrschenden Strukturen dazu. Verkrustete, starre Strukturen halten die Kirchen gefangen. Wir im ABH setzen unsere Hoffnung in die Gemeinde Jesu Christi vor Ort.
Düstere Prognosen für die Kirche
Die Landeskirchen selber scheinen nicht so zuversichtlich zu sein. Mit Blick auf den demographischen Wandel und den Austritten aus der Kirche stehen alle Signale auf Rückzug, Einsparungen und „Gesundschrumpfen“. Zugleich wird aber an überholte volkskirchlichen Paradigmen und Ansprüchen festgehalten. „Im Jahre 2030 ist die evangelische Kirche in der öffentlichen Wahrnehmung dadurch stark, dass sie gemeinsame Themen und Positionen vorgibt, die in die Gesellschaft hineingetragen und vertreten werden“ (Leuchtfeuer 9). „Im Jahre 2030 repräsentiert die EKD im Dienst der Gemeinschaft der Gliedkirchen den deutschen Protestantismus in der Öffentlichkeit“ (Leuchtfeuer 12). Es scheint so, als würden sich die Kirchenleitungen für die Kirche Christi halten. Kirche ist aber gelebte Gemeinschaft als Leib Christi in der Gemeinde. Das geschieht vor Ort.
Der Drang zur Fusion einzelner Gliedkirchen der EKD, oder gar zur Einrichtung einer einzigen „Evangelischen Kirche in Deutschland“ durch Vereinigung aller Landeskirchen entstammt a) dem Wunsch, auch bei schwindenden Mitgliederzahlen eine „Großkirche“ als Gegenüber für den Staat zu sein und b) dem Irrtum, man könne Verwaltungskosten sparen, in dem man Kirchen zusammenlegt. Für Kirchenleitungen scheinen die Kirchengemeinden eine Art Verfügungsmasse zu sein. Auf sie könne man auch verzichten, wenn das Kosten-Nutzen Schema nicht mehr stimme. Leitung – biblisch gesehen – ist immer Dienst an der Gemeinde. Kirchenleitungen erwecken den Eindruck, dass sie sich selbst als „die Kirche“ sehen, nicht als Dienstleister für die Kirchengemeinden.
Nicht Reformation, sondern Buße und Erneuerung
„Peters Gesetz“ besagt, dass eine Organisation, sobald sie eine gewisse Größe erreicht hat, keine besondere Existenzberechtigung für sich mehr braucht. Sie existiert, weil sie existiert. Die Beschäftigten von den obersten Etagen bis hin zu den am schlechtesten bezahlten Angestellten kämpfen um den Erhalt ihrer eigenen Jobs, ohne unbedingt im Blick zu haben, was dem Wohl der Firma oder Organisation dient. Unsere Landeskirchen sind alt, satt, schwerfällig und unbeweglich geworden. Sie sind wie die Mega-Containerschiffe oder Öltanker geworden, die 20 km brauchen, um zu halten und 40 km, um zu wenden. Das war vor 500 Jahren bei der sogenannten Reformation (reformatio) nicht anders. Die Kirche konnte in Teilen von Innen heraus erneuert (renovatio) werden nur, weil der Fokus der Reformatoren/Protestanten weg von der Institution Kirche mit ihren verkrusteten und teilweise korrupten Strukturen hin auf das Wort Gottes gelenkt wurde. Es kam in den Kirchengemeinden unter den Menschen allein durch den Glauben an die Erlösung durch die Gnade allein, durch den Erlöser Jesus Christus allein zur Wiedergeburt (regeneratio) des Evangelium gemäßen Glaubens. Die Gemeinden, die sich um den neu gefundenen Glauben gesammelt haben, mussten sich zunächst eine neue Form geben – sie haben sich „re-formiert“. Es war aber nur in Teilen der Kirche so.
In unserer Situation wird die Reihenfolge nicht anders sein: regeneratio – renovatio – reformatio. Wir müssen zu den Wurzeln des Evangeliums zurückkehren. Ohne Wiedergeburt des Evangelium gemäßen Glaubens auf breiter Basis keine Erneuerung. Ohne Erneuerung keine wirkliche Reformation. Um es mit einem anderen Bild zu sagen: Manchmal lohnt sich die Renovierung eines Gebäudes schlicht nicht mehr. Nämlich dann, wenn sie kostspieliger als ein Neubau ist oder das Resultat einer Renovierung nicht den eigentlichen Bedürfnissen des Gebäudes gerecht wird. Man kann das anhand der Renovierung eines Kirchengebäudes zeigen: Zahlreiche Kollegen beklagen, dass selbst wenn man eine halbe Million in die Kirchenrenovierung steckt, man trotzdem nicht das Ergebnis hätte, das man bräuchte, um zeitgemäße Gemeindearbeit zu machen. Hohe Erhaltungskosten, wenig Komfort, eine schlechte Akustik, kein Gemeinschaftsgefühl, schlechte oder keine Möglichkeiten zu einer Kinderbetreuung, schlechte Aussichten auf Gemeinschaftsräume, sanitäre Anlagen, behindertengerechten Zugang… Man gibt oft das Geld trotzdem aus, weil wir an unseren Kirchen hängen. Aber meistens ist es nur wo man Mutiges gewagt hat, beziehungsweise wagen durfte, dass die Ergebnisse wirklich zufriedenstellend und ein echtes Plus für die Gemeindearbeit sind. In solch einem Fall ist nicht Erneuerung, sondern Neuanfang nötig. Die Abrissbirne muss Platz für neues schaffen – oder man weicht auf einen anderen Bauplatz unter Aufgabe des alten aus.
In ähnlicher Weise hängen wir emotional an unseren vertrauten landeskirchlichen Strukturen und sind nicht bereit „outside of the Box“ zu denken. Es war sehr eindrücklich für mich, im Gespräch mit einem Oberkirchenrat einer der Gliedkirchen der EKD von ihm zu hören, dass er das Aussterben der Landeskirchen unter dem Vorzeichen des Jesuswortes sieht: „Wenn der Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt…“ Manchmal muss etwas sterben, damit etwas Neues wachsen kann. Aber wer sagt, dass es die Gemeinden sein müssen, die sterben sollen? Warum sollte nicht die obrigkeitliche Denkweise und starr verfasste Kirchenform sterben und die Gemeinden leben lassen? Wir verpassen die einzige wirkliche Chance, die wir haben, wenn wir den Gemeinden nicht die Chance geben, Verantwortung und Mittel für ihre Existenz zu überlassen.
Umkehr!
Wir brauchen Umkehr zuerst, dann vielleicht Strukturreform
Die Reformation im 16. Jahrhundert erfasste nicht die gesamte Kirche. Es kam zur Abspaltung von Rom und zu Neugründungen von kirchlichen Strukturen. Die Gemeinde vor Ort gewann, vor allem im reformierten Bereich, ganz neue Bedeutung und Verantwortung. Wo Christus und sein Wort im Mittelpunkt standen, wurde die Gnade Christi durch die Erleuchtung des heiligen Geistes im Glauben erkannt. Dieser Glaube an den gnädigen Gott, der um Christi Opfer Willen den Sünder ohne jeglichen Verdienst vergibt, hat zur Umkehr geführt. Diese Umkehr hat neues Leben in die evangelisch gewordenen Gemeinden eingehaucht.
Schon länger gibt es aus konservativer Richtung Kritik an landeskirchlichen Missstände wie die Entfremdung der Kirchenleitungen und theologischen Fakultäten von Bibel und Bekenntnis, das Festhalten an dem Kirchensteuer Modell als alleinige Quelle der Finanzierung des kirchlichen Lebens, oder die unkritische, unreflektierte Taufe jedes Babys, das zur Taufe gebracht wird (vgl. „Das Priestertum aller Getauften“ Leuchtfeuer 5). Inzwischen gibt es auch Kritik von liberaleren Theologen, die erstaunlicherweise ebenfalls anfangen, nach Buße und Umkehr in der Kirche zu rufen. So zum Beispiel Beiträge in dem Sammelband Kirche der Reformation? Erfahrungen mit dem Reformprozess und die Notwendigkeit der Umkehr, hrsg. Gisela Kittel und Eberhard Mechels (1. Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, 2016), oder das Büchlein von Paul Bernhard Rothen, das in der TO 179 schon vorgestellt wurde, Auf Sand gebaut. Warum die evangelischen Kirchen zerfallen (2. Aufl. Wien: LIT Verlag, 2015). Nicht neue Projekte oder Programme seien nötig, sondern eine Rückbesinnung auf das Wort und die Gemeinde seien notwendig – und das im buchstäblichen Sinne des Wortes.
Niemand in den Kirchenleitungen scheint daran zu glauben, dass dem Langzeittrend in die Bedeutungslosigkeit über Schwund und Abbau der Kirche getrotzt werden könnte. Die einzelnen Landeskirchen machen schon seit einem Jahrzehnt Vorkehrungen für den erwarteten Zusammenbruch der Kirchensteuereinnahmen. Wegen der außerordentlich guten konjunkturellen Lage sprudelt zwar noch die Kirchensteuer, aber alle schnallen sich die Gürtel enger. Keiner scheint den Gemeinden selbst es zuzutrauen, um ihre Existenz zu kämpfen.
Leben Totgesagte länger?
Manchmal muss man schon staunen, wie eine nicht mehr funktionierende Kirche sich halten kann. Zum Beispiel die (noch) größte reformierte Kirche in den in den Vereinigten Staaten (PCUSA) mit Sitz in St. Louis. Gemeinden treten am laufenden Band aus dieser Kirche aus, weil sie nicht mehr zu ihren eigenen Bekenntnissen steht. Da aber gemäß Kirchenverfassung die Kirchengebäuden nicht den Gemeinden, sondern der Kirche gehören, müssen diese ihre eigenen Gotteshäuser bei ihrem Austritt von der ehemaligen „Mutterkirche“ für teures Geld kaufen. Die ausgetretenen Gemeinden gehen eigene Wege. Die PCUSA schrumpft und wird dabei immer reicher, womit sie Programme und Projekte durchführen kann, die die Gemeinden nicht unterstützen würden. Bei uns macht das die Kirchensteuer möglich. Innerkirchliche Kritiker der Kirchensteuer wie der bayerische Pfarrer Dr. Jochen Teuffel (Rettet die Kirche. Schafft die Kirchensteuer ab. ’fontis, 2015) weisen darauf hin, dass die finanziell unabhängige Kirchenleitung die Basis nicht mehr braucht. Die Basis in den Gemeinden kann sich schon länger nicht mit der kirchlichen Elite identifizieren. Sie hat das Gefühl, dass die Kirchenleitung sie gar nicht sieht. Bei denen in Machtpositionen ist kein Wille zur Reform, höchstens „Reförmchen“, die obendrein alle das Bestehende erhalten sollen…
Der Basis wird die Bemächtigung zur Reform verwehrt
Für viele Menschen scheinen Neugründungen die einzige Alternative zu sein. Wir im ABH kämpfen dagegen an und ermutigen dazu, um die eigene Kirche zu kämpfen. An der Basis gibt es aber viele engagierte Christen, die mit den Füßen abstimmen und zu neu gegründeten Gemeinden abwandern. Über die Gründe dafür nachzudenken reicht der Platz nicht. Frust mit der Entwicklung, bzw. Nicht-Entwicklung der Kirche spielt neben dem überfordert sein mit einer Vielzahl an ehrenamtlichen Aufgaben in der Gemeinde oft eine Rolle. Für uns in den landeskirchlichen Gemeinden ist das ein bitterer Verlust, wenn gerade die Engagierten abwandern, aber nicht immer kann man ihnen einen Vorwurf machen. Mündige Gemeindeglieder wollen Teil haben an den Entscheidungsprozessen, die allzu oft undurchsichtig oder deren Ergebnisse unverständlich sind.
Die Entwicklung weltweit geht in Richtung unabhängige Kirchen
Langsam erlaubt man sich die Frage, ob das landeskirchliche Modell vielleicht nicht einfach mit der Zeit abläuft. Wie die Säkularisation das Ende des Staatskirchentums eingeläutet hatte, hat der demographische Wandel die Grundlage des landeskirchlichen Anspruchs mächtig angeknabbert. Wo liegt die Berechtigung für einen landeskirchlichen Anspruch, wenn die Mitglieder der Landeskirche in den meisten Bundesländern weniger als ein Drittel der Bevölkerung ausmachen? Wir kommen irgendwann dahin, wo der Rest der Welt schon lange ist: Wo jede einzelne Gemeinde ihre eigene Daseinsberechtigung unter Beweis stellen und finanziell sich selber tragen muss. Unsere Situation in Deutschland (und Skandinavien) ist die absolute Ausnahme! Aber auch hier müsste es möglich sein, dass eine Gemeinde aus eigenen Mitteln für sich selber sorgt.
Dabei hätten wir großartige Möglichkeiten
Unsere württembergische Kirche gibt oft die Parole aus: Unsere Kirche ist besser als ihr Ruf. Das stimmt auch. Aber was meint man damit? Stimmen tut es, wenn man die KIRCHENGEMEINDEN meint. Teilweise wachsen Kirchengemeinden sogar gegen den Trend. Es gibt Gemeinden, die quicklebendig sind und vor Leben strotzen. Es gibt Gemeinden, die wegen Platzmangel im Gottesdienst kreative Lösungen finden müssen. Diese Gemeinden sind viel besser als der Ruf der Kirche insgesamt. Warum denen, die offenbar die Lösungen gefunden haben, nicht mehr Handlungsfreiheit geben? Warum nicht von ihnen Lernen? In kirchlichen Kreisen herrscht dazu ein Tabu. Die Gemeinden vor Ort brauchen mehr Handlungsfreiheit. Die Gemeinde vor Ort ist die Hoffnung der Welt (Bill Hybels) – und auch der Kirche! Wenn die Landeskirche überleben will, muss sie den Gemeinden mehr Selbstbestimmung einräumen – auch finanziell!
Die Pforten der Hölle
Was ist jetzt dran? Wer ist jetzt dran? Wer behauptet, man könne (und deswegen müsse man) nichts zur Genesung der Kirche beitragen, weil das ja das Werk des Heiligen Geistes sei, der kann das nur vom grünen Tisch im Elfenbeinturm tun. Und wer verleugnet, dass die Nachfolger Christi eine klare Aufgabe zum Aufbau und zur Erbauung der Gemeinde haben, hat die Absicht Christi, als er die Jünger in die Welt zu allen Nationen sandte, nicht erkannt. Alle tragen ihren Teil an der Verantwortung für die Zukunft der Kirche: Von den Gemeindegliedern und Ehrenamtlichen an der Basis über die Hauptamtlichen bis hin zu den Synodalen, Oberkirchenräten und Bischöfen. Jeder muss seinen Teil beitragen, wenn es landeskirchliche Gemeinden flächendeckend vor Ort weiterhin geben soll. Mit Buße, Umkehr und Rückkehr zum Evangelium werden wir den Anfang machen müssen. Daraus kann Erneuerung und Reformation entstehen. Wo Buße, Glaube, Gnade und Vergebung die Basis bilden, wird der volkskirchliche Charakter der Gemeinden einem eher freikirchlichen weichen. Ist es nicht langsam Zeit, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass wir inzwischen eine Minderheit sind? Für das ganze Volk missionarisch und diakonisch da zu sein wäre dabei eine Selbstverständlichkeit. Aber das ist eine neue Definition von „Volkskirche“. Noch sind wir so gut positioniert in der Breite der Gesellschaft – mit einer Kirchengemeinde an fast jedem funktionierenden Ort – dass wir als einzige existierende Kirchengemeinschaft diesen Anspruch ernsthaft erstreben könnte. Dazu müsste aber ein radikales Umdenken auf allen Ebenen stattfinden.
Um die Gemeinde Jesu Christi brauchen wir uns keine Sorgen machen. Jesus gab Petrus das Versprechen: „Auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen“ (Matthäus16,18). Die Gemeinde Jesu wird bis zu seiner Wiederkunft nicht aufhören zu existieren. Kirchen kommen und gehen. Das lehrt die Geschichte. Gottes Verheißung gilt der Gemeinde derer, die ihm dienen. Darauf muss unser Fokus liegen: In unseren Gemeinden unserem Herrn dienen. Wir setzen unsere Hoffnung in die Gemeinde Jesu Christi vor Ort. Dafür arbeiten wir im ABH.
Bis zu meiner Zeit in der islamischen Welt wollte ich so recht keine Beziehung zum Thema Fasten bekommen. Auf der einen Seite war mein evangelischer Vorbehalt. Auf der anderen ein mulmiges Gefühl, dass mich immer wieder beschlich wenn ich solche Stellen in der Bibel las, wie z.B. in der Apostelgeschichte, wo das Fasten und Beten als Vorläufer für Gottes Wirken geschildert werden (Apg 13,2; 14,23).
Als Theologe war mir bekannt, dass es sowohl Kritik am Fasten im alten Testament gibt, wie Jesaja 58 sehr eloquent belegt, als auch die Aufforderung zum Fasten im neuen Testament. Es konnte also nicht darum gehen, dass das Fasten zum alten, aber nicht zum neuen Testament gehöre. Irgendwas in mir sagt er aber deswegen auch, es könne sich nicht um eine Unterscheidung zwischen römisch-katholischem und evangelischem Brauchtum handeln.
Ich habe mit den Texten gerungen, bin aber zu keinem für mich befriedigenden Ergebnis gekommen. Dann kamen die acht Jahre in Pakistan. Jedes Jahr ein Monat Fasten. Auf der einen Seite war es beeindruckend zu sehen, wie die Menschen sich an die Vorgaben im Fastenmonat hielten, auf der anderen Seite war es erschütternd zu sehen, wie sich das Fasten auf die Gesellschaft aus wirkte.
Wenn der Fastenmonat Ramadan in die heiße Jahreszeit zwischen Mai und September fiel, Dann gab es am Nachmittag auf den Straßen heftigen Streit, Manchmal auch Prügeleien, weil die Menschen sich schlicht und ergreifend nicht mehr im Griff hatten. Die ganze Gesellschaft war spürbar angespannt. Ist ja auch klar. Wenn man zweimal nachts 2 Stunden wach bleibt um ausgiebig zu essen, damit man am nächsten Tag überhaupt durchhält, dann fehlt einem doch Der Schlaf. Man kann aber auch nicht so auf Vorrat Essen, dass der Hunger – und was noch viel schlimmer ist der Durst – einen nicht am Tag einholt.
Die Menschen sind einfach fix und fertig. Es ist nichts davon zu sehen oder zu spüren, dass durch das Fasten sie geistlich gestärkt und ausgeglichen wären. Von meinen persönlichen Bekannten unter den Muslimen wusste ich, dass viele im Monat Ramadan ein Doppelleben führen: nach außen Fasten sie, hinter verschlossener Tür (und in der Dunkelheit, damit es Allah nicht sieht) brechen Sie das Fasten. Die Tagelöhner sind am schlimmsten dran, denn sie müssen tagsüber Leistung abrufen, körperlich arbeiten, sich verausgaben. Die kommen richtig runter während des Fastenmonats, können Sie sich doch die reichhaltigen Speisen die die anderen nachts essen nicht leisten…
Es ist aufgefallen, wie die Fernsehmoderatorinnen und Nachrichtensprecher im Monat Ramadan gegen Ende des Monats ein immer fülligeres Gesicht bekommen haben. Daraufhin habe ich meine Bekannten genauer angesehen und die Beobachtung wurde bestätigt: Das Fasten im Monat Ramadan bedeutete nicht weniger, sondern mehr essen, nur nicht zur Tageszeit…
Diese Beobachtung führte dazu, dass ich das Fasten in der Bibel neu anschaute. Von der Fastenkritik im alten Testament wurde deutlich: Es geht Gott nicht darum, dass wir uns kasteien, sondern darum dass unser Handeln den Maßstäben seiner Gerechtigkeit entsprechen.
Wo Jesus im neuen Testament seine Jünger anweist, sich schön anzuziehen und sein Äußeres zu pflegen wenn man Fasten will (Mt 6,16ff), dann tut er das aus zwei Gründen:
Erstens sollen wir nicht Fasten um von anderen bewundert zu werden. Es ist etwas, was zwischen uns und Gott steht. Es darf nicht geschehen, um den Menschen zu gefallen oder weil man glaubt, durch Askese Gott mehr zu Gefallen als durch Dankbarkeit für seine guten Gaben (1Tim 4, 3). Die Anderen sollen es gar nicht merken, wenn wir Fasten.
Zweitens sollen wir Fasten tun, weil es uns gut tut. Nur dann wird es auch Gott gefallen. Wenn wir beispielsweise eine Mahlzeit am Tag ausfallen lassen, um mehr Zeit für unsere Beziehung zu Gott oder zu unseren Mitmenschen zu haben, um Dinge zu unternehmen, von denen wir wissen, dass es Im Sinne unseres himmlischen Vaters wäre, wir aber sonst nicht dazu kommen, dann ist das ein sinnvolles Fasten. Das ist auch ein befriedigendes Fasten. Das ist dein Fasten, das Gott gefällt.
Alles hat seine Zeit
Die Jünger Jesu wurden von den Schriftgelehrten und Pharisäern beschuldigt, dass sie nicht Fasten würden (Mt 9,14f). Jesu Antwort darauf war, dass es von Ihnen gar nicht zu erwarten sei, solange der Bräutigam bei Ihnen wäre. Es gibt Zeiten, die zum Fasten einladen, ja sogar dieses Verlangen. Und es gibt eine heilsame Praxis, in regelmäßigen Abständen sich besonders Gott, Seinem Wort und seinem Werk zuzuwenden. In der Alten Kirche wurde mittwochs und freitags gefastet (Didache 8,1). Bis in unsere Zeit hinein wurden der Advent und die Passionszeit in Vorbereitung für die großen Feste der Christenheit als besonders geeignete Fastenzeiten anerkannt.
Unter dem Strich
Die Bibel lädt zum Fasten ein. Gott will aber kein Fasten im Sinne einer Werkgerechtigkeit. Wir können den Arm Gottes nicht erzwingen. Er sieht, ob unsere Bitten ernst sind oder nicht. Aber vielleicht haben wir es nötig zur Klärung unserer eigenen Gedanken, Ziele und Prioritäten, wie an den in der Apostelgeschichte genannten Stellen gezeigt wird. Vielleicht brauchen wir die Zeit und die Muße, um vom alltäglichen wegschauen zu können, Distanz zu gewinnen und es einfach zu genießen, Zeit für Gott und für unser Leben mit ihm zu haben.
Wir brauchen Rollenmodelle – Helden des Glaubens, an denen wir Inspiration holen können. Es ist aber noch hilfreicher, wenn wir erkenn, dass diese Vorbilder alle auch nur Menschen sind mit Stärken und Schwächen… Was können wir vom Leben Davids lernen? Gerade durch seinen Umgang mit Sünde und Versagen können wir am Meisten lernen. Schließlich ist er auch deswegen (nicht trotzdem!) ein „Mann nach dem Herzen Gottes“!